Juckreiz, Brennen, Schmerzen und Bläschenbildung? Dabei kann es sich um eine Sonnenallergie handeln. Im Gespräch mit Hautärztin Frau Dr. med. Ramaker-Brunke.
Alte Gewohnheiten, neue Gewohnheiten: Darüber sprachen wir mit dem bekannten Braunschweiger Hirnforscher und Erfolgsschriftsteller Professor Martin Korte.
Hallo Herr Professor Korte, endlich ist es Frühling. Eine wunderbare Zeit, die Natur erwacht wieder zum Leben, es grünt und blüht, neue Kraft und Energie „liegen in der Luft“. Ist das nicht auch eine gute Zeit für uns Menschen, unseren Alltag mal wieder neu auszurichten – endlich gesünder und zufriedener zu leben, die guten Vorsätze vom Jahreswechsel sind ja meistens längst vergessen …?
Ja! Aber egal, ob am 1. Januar oder zum Frühlingsanfang, leider reicht es selten, sich eine Verhaltensänderung einfach nur vorzunehmen. Wir müssen uns schon konkret überlegen, wie wir eine neue Gewohnheit umsetzen wollen, so dass sie zu einer guten Routine wird. Wer sich zum Beispiel vornimmt, jeden Morgen etwas Sport zu machen, sollte noch am Abend immer seine Sportschuhe an die Tür legen, so dass er morgens gleich erinnert wird – oder noch besser die neue Gewohnheit mit etwas Positivem verbinden: also den Lieblingspocast gleich parat haben oder die Lieblingssongs. Um eine neue Gewohnheit zur Routine werden zu lassen, ist es gut, Tag für Tag einen „Anker“ zu haben. Wenn uns der Arzt Gymnastik gegen unsere Rückenschmerzen empfiehlt, dann vielleicht immer gleich nach dem Zähneputzen, das machen wir ja jeden Morgen sowieso.
Unser Leben läuft meistens in gewohnten Bahnen ab, fast 50 Prozent unseres Tages bestehen aus Routine und Wiederholungen. Das ist doch erst einmal positiv, oder?
Auf jeden Fall. Gewohnheiten entlasten unser bewusstes Denken und Handeln und sparen so Energie und wertvolle Rechenkapazität in unserem Gehirn. Die Gefahren bei Routinen und Gewohnheiten sind, dass sie unsere Wahrnehmung einengen. Wir sehen nur die Dinge, die wir erwarten, und Überraschendes, Neues übersehen wir dann häufig. Das macht auch das Loslassen alter Gewohnheiten schwer. Dann schaffen wir es beispielsweise kaum noch, einer Arbeitskollegin wohlwollend oder auch nur neutral gegenüberzutreten, weil wir schon einmal eine vermeintlich schlechte Erfahrung mit ihr gemacht haben. Kaum sehen wir sie, schon reagiert ohne unser Zutun unser Gehirn mit Stress und wir können fast gar nicht anders, als negativ zu reagieren. Oder auch, wenn wir die Wahl haben zwischen einer Tüte Chips oder einer Schale Obst, ist es leider so, dass wir da häufig „automatisch“ entscheiden. Insgesamt bin ich da ganz bei ihnen: Gewohnheiten und Routinen sind essenzielle Bestandteile unseres Lebens.
Was ist wohl das größte Hindernis, um schlechte Angewohnheiten durch neue, gute zu ersetzen? Warum können wir uns nicht einfach „neu erfinden“ und sagen, ab heute mache ich endlich alles besser, treibe ich mehr Sport, fahre mehr Rad, esse gesünder, schiebe ich nichts mehr auf die lange Bank?
Häufig ist es einfach eine bestimmte Situation, die eine bestimmte Angewohnheit immer wieder auslöst. Wenn Sie sich das Rauchen abgewöhnen wollen, ist die eigentliche Nikotinsucht meist schon nach ein bis zwei Wochen weg. Aber der Kontext, in der wir oft geraucht haben, der kommt immer wieder – dann, wenn wir mal wieder in unsere Kneipe gehen. Oder der Moment nach einem gutem Essen. Dann gilt es halt diese typische Kneipensituation zu meiden oder nach dem Essen etwas anderes zu etablieren: einen Kaugummi, einen kleinen Spaziergang, ein Telefonat …
»Ohne unsere Erinnerungen wären wir nichts anderes als Steine – erst unser Gedächtnis lässt uns zu individuellen Menschen werden.«
Gewohnheiten sind uns ja häufig gar nicht bewusst, oft kennen wir auch nicht die Auslöser, die sie dann automatisch ablaufen lassen – vermutlich hilft es schon, sich das klarzumachen. Aber schafft unser Gehirn es überhaupt, dass wir uns da selbst erkennen und durchschauen?
Also, wir haben immer die Möglichkeit, unsere ganze Aufmerksamkeit auf die Welt um uns herum zu richten, ganz fokussiert zu sein auf das, was wir gerade lesen oder alles, was uns gerade umgibt – oder andererseits auf uns selbst. Das finde ich wichtig: sich dafür bewusst Zeit zu nehmen und sich seinen Alltag regelmäßig anzuschauen. Wo hat mir meine alte Routine wieder mal ein Schnippchen geschlagen und mich nach drei Wochen gesundem Radfahren doch wieder mehr und mehr ins Auto gesetzt?
Den Tag Revue passieren lassen – das kann man wunderbar abends vor dem Einschlafen machen: Welche fünf Dinge waren heute gut und welche zwei hätten wirklich besser laufen können? So hat man eine gute Chance, den eigenen festen Gewohnheiten auf die Schliche zu kommen, vor allem auch denjenigen, die man vielleicht ändern möchte.
Sie haben einen bemerkenswerten Satz geprägt: „Wir haben ein Gedächtnis, um die Zukunft zu planen.“ – Das überrascht natürlich, bei „Gedächtnis“ denken doch die meisten eher in Richtung Vergangenheit?
Dahinter steckt, dass wir immer wieder kleine Fehler machen, wenn wir unsere autobiografischen Erinnerungen abrufen. Jedes Mal, wenn wir ein altes Ereignis abrufen, fließt Aktuelles mit ein, die ursprüngliche Erinnerung wird quasi „überschrieben“. Warum lässt unser Gehirn das zu? Wir brauchen unsere Erinnerungen, um die Zukunft zu planen! Wichtig ist dabei nicht jedes Detail, sondern dass neue Erfahrungen in diese Erinnerungen mit einfließen. Wenn wir zum Beispiel einmal mit einer Person eine schlechte Erfahrung gemacht haben, dann wäre es unklug, mit dieser nie wieder zu interagieren.
Wir können sehen, dass wir, wenn wir die Zukunft planen, in unserem Gehirn genau die gleichen Areale aktivieren, die wir auch nutzen, wenn wir Erinnerungen abrufen. Deshalb können auch Menschen, bei denen diese Strukturen beschädigt sind, sich die Zukunft nicht mehr vorstellen.
Im Umkehrschluss heisst das aber auch, dass wir uns selbst, unseren Kindern und Jugendlichen in der Schule einen möglichst vielfältigen Wissens- und Erfahrungsschatz bieten sollten, um so mit vielfältigen, differenzierten Erinnerungen eine ebenso „reiche“ Zukunft planen zu können.
»Um unser Verhalten zu ändern,
brauchen wir immer auch einen
konkreten Plan.«
Je älter wir werden, umso mehr verlassen wir uns auf unsere Erinnerungen. Heißt das dann leider auch, dass es mit zunehmendem Alter schwieriger wird, sich „neu zu erfinden“?
Zum einem ist dieser Wissensschatz unbezahlbar, weil er uns eben auch eine „Werkzeugbox“ an die Hand gibt, um anderen Menschen zu raten und für uns selbst die bestmögliche Zukunft zu planen. Andererseits lässt im Laufe unseres Lebens die Neugierde, etwas Neues zu erleben, Neues zu probieren, Risiken einzugehen, einfach nach – der ältere Mensch verlässt tatsächlich nicht mehr so gerne seine Komfortzone und braucht deswegen stärkere Impulse und vor allem klar definierte Ziele.
Aber wir wollen das doch wirklich: endlich gesünder und zufriedener leben. Wie können wir unser Gehirn da „austricksen“ – oder besser noch zu unserem besten Freund im Kampf gegen schlechte Gewohnheiten hin zu guten machen?
Egal was ich mir vornehme: Wichtig ist es, mir tatsächlich Verbündete zu suchen. In Gemeinschaft fällt Verhaltensänderung viel leichter. Das Gemeinschaftsgefühl sorgt für unterstützende Emotionen und eine positive Kontrolle. Und Gemeinschaft, Familie, der Verein, der soziale Austausch darin hält uns jung!
Dabei hilft auch Sport. Bewegung hält auch unser Gehirn fit. Genauso gehört gesundes Essen, möglichst bunt, dazu. Oder auch eine kurze Mediation, zwölf Minuten jeden Tag, nicht länger, bei 30 Minuten steigen wir schnell wieder aus. Zwölf Minuten, in denen Sie auf ihre Atmung achten, den guten Gedanken folgen, versuchen, mal vorurteilsfrei in die Welt zu schauen … Auf jeden Fall gilt: realistisch, pragmatisch und einfach bleiben. Alles was kompliziert ist, auf seitenlangen Anleitungen basiert, diese Veränderungen haben es schwer. Sie sagen: „Der Verzicht auf ein frustrierendes Ziel kann wichtiger sein, als sich neue Ziele vorzunehmen. Weglassen kann sich positiv auf unser Gehirn und unser Leben auswirken.“ Klingt erst einmal nach einer Generalabsolution für meine üblichen, längst vergessenen Neujahrs-Vorsätze? Ja, wir fangen häufig etwas Neues an in unserem Leben, eigentlich gut, vergessen dann aber, etwas Altes wegzulassen. Wie wenn wir uns ein neues Kleidungsstück kaufen, aber nicht auch mal den Kleiderschrank ausmisten und so »Um unser Verhalten zu ändern, brauchen wir immer auch einen konkreten Plan.« den Überblick verlieren, die Vielfalt gar nicht nutzen können. Weniger ist in vielen Fällen tatsächlich mehr. Das gilt ja für unser ganzes Leben. Es ist doch eigentümlich, dass wir uns alle häufig so gehetzt fühlen, wo wir doch heute im Vergleich zu früheren Jahrzehnten tausende von technischen oder digitalen Hilfen haben.
»Tiny Habits –
das Prinzip der kleinen Schritte:
Damit gelingt Veränderung.«
Aber es bleibt doch dabei: Das Überwinden von Hindernissen, um schließlich erfolgreich zu sein oder auch um eine neue Gewohnheit zu etablieren, steigert unser Wohlbefinden ganz enorm, oder?
Ja, der Mensch will und braucht Erfolgserlebnisse. Wichtig ist, wenn wir ein Ziel verfolgen, Zwischenziele zu formulieren. So können wir uns mit kleinen Belohnungen dann Schritt für Schritt in die richtige Richtung lenken. Wir nennen das Prinzip auch „Tiny Habits“. Das ist wesentlich einfacher, als frustrierend lange auf die Erreichung eines großen Zieles hinzuarbeiten. Wir können und dürfen zu Recht auch schon auf uns stolz sein, wenn wir uns über viele Tiny Habits in eine positive Richtung bewegen. Aber losgehen, den ersten Schritt machen – ohne das geht es natürlich nicht.
Lieber Professor Korte, vielen Dank für das so motivierende Gespräch!
Martin Korte ist Professor an der TU Braunschweig, Neurobiologe, renommierter Gehirnforscher, Lernexperte und Erfolgsautor. Sein aktuelles Buch „Frisch im Kopf“ erschien Mitte 2023.
Stephanie Brach,